Wir laden Wiesbaden ein, mit uns über Bücher zu sprechen.

Wiesbaden liest I Die Seite der Wiesbadener Buchhandlungen I

Woche der Meinungsfreiheit vom 3.-10.Mai 2021:

Wir waren dabei

Wir haben diese Tage zum Anlass genommen, Autoren, eine Autorin sowie einen Grafiker in Erinnerung zu bringen, deren Bücher am 10. Mai 1933 verbrannt wurden. Ihrer aller Leben wurde geprägt durch die Verfolgung der Nazi-Diktatur, sei es durch Emigration, Berufsverbot oder Freitod. Alle haben sie die Entwicklung Deutschlands unter Hitler hellsichtig voraus- beschrieben oder kritisch begleitet. Die Verfolgung von Autoren, Autorinnen, Karikaturisten und Karikaturistinnen ist nach wie vor aktuell!
Hier finden Sie unsere persönlichen Buch-Empfehlungen. I Wir freuen uns, wenn auch Sie uns Ihre Lese-Tipps senden! Bestellungen 24/7 online in unseren Onlineshops oder per E-Mail I Abholbereit am nächsten Werktag I Auslieferung und Versand

Fabian I Die Geschichte eines Moralisten

Kästners erster Erwachsenenroman, der dieses Jahr sein 90-jähriges Erscheinen feiert!

Stefan Zweig I Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers.

Stefan Zweig (geb. 1881) erzählt, wie er sich als junger Mann, reisend und damals noch ohne Einschränkungen wie spezielle Reisedokumente oder Grenzkontrollen, zum Weltbürger entwickelte. Überall entstanden Freundschaften und er war bald im Austausch mit Menschen verschiedenster Kulturräume. Er beschreibt die Jahre, in denen sich der Nationalismus wie ein Gift verbreitete und schließlich in einem über Europa hinaus wütenden - Weltkrieg mündete. Und nicht genug damit, etablierte sich bald darauf (zunächst in Deutschland, dann auch in seiner Heimat Österreich) erneut ein System, welches nicht nur Herkunft, Rasse und Glaubenszugehörigkeit zu den bedeutendsten Prämissen erklärte, sondern zum wichtigsten Bekenntnis machte, ausschließlich dies für richtig zu halten. Persönliche und politische Gesinnung wurden zur Voraussetzung dafür, ob man in seiner Heimat noch bürgerliche Rechte besaß, ob man als Literat weiter veröffentlicht, weiter gelesen werden konnte. Stefan Zweigs Erinnerungen sind nach dem Beginn des 2. Weltkriegs im Exil entstanden und sind eine äußerst erhellende Lektüre, die sich immer wieder neu zu entdecken lohnt Elke Deichmann, Buchhandlung spielen&Lesen, Dotzheim.
Stefan Zweig, ca. 1912 *1899 in Dresden †1942 in Petrépolis, Brasilien
Franz Werfel, ca. 1940 *1890 in Prag †1945 in Beverly Hills, USA
Die Novelle “Eine blassblaue Frauenschrift” von Franz Werfel ist eine hellsichtige, beklemmende Studie eines opportunistischen Spießers und spielt an einem einzigen Tag im Oktober 1936 in Wien. Unterschwelliger Antisemitismus war auch vor dem Anschluss an das Deutsche Reich schon allgegenwärtig.

Franz Werfel I Eine blaßblaue Frauenschrift

Leonidas, aus einfachen Verhältnissen stammend, hat sein Glück gemacht: Mit seinem einnehmenden Wesen, seinem Tanztalent und dem ererbten Frack eines jüdischen Freundes, der sich das Leben nahm, eroberte er das Herz von Amelie, der reichsten Erbin von Wien. Jetzt ist er Sektionschef im Ministerium für Unterricht und Kultur und in der oberen Wiener Gesellschaft angekommen. Am Morgen seines 50. Geburtstages findet er mit der anderen Post einen Brief mit einer auffallenden “blassblauen Frauenschrift” vor. Er weiß sofort, dass dieser Brief von seiner früheren Geliebten ist, der in Deutschland lebenden Jüdin Vera.
Er versteckt ihn vor seiner Frau; 15 Jahren zuvor hat er schon einmal einen Brief von Vera bekommen, ihn aus Furcht vor der Eifersucht seiner Frau aber ungelesen zerrissen. In Heidelberg hatte er die Schwester eines früheren Schülers von ihm wiedergetroffen. Waren seine früheren unbeholfenen Annäherungs-versuche noch unbeachtet geblieben, so gab die inzwischen 22jährige Studentin nun seinem Drängen nach. Nach einer kurzen, heftigen Affäre ließ Leonidas die junge Frau sitzen und hatte seither keinen Kontakt mehr zu ihr. Alleine im Park liest er den Brief seiner ehemaligen Geliebten und ist zunächst erleichtert, denn er enthält eine förmliche Bitte um seine Hilfe für einen begabten, 17jährigen Schüler, der „aus bekannten Gründen“ in Deutschland das Gymnasium nicht fortsetzen und es in Wien beenden möchte. Dann aber ahnt er, dass der junge Mann sein Sohn sein könnte. Verzweifelt entwickelt und verwirft er zugleich Erklärungsversuche für seine Frau. Vera will er in ihrem Hotel treffen. Kann er über seinen Schatten springen, womöglich seine Karriere gefährden? Mehr sei nicht verraten. Die Charakterstudie Werfels über das brüchige Lebensgefüge eines in den Konventionen gefangenen, selbstsüchtigen Karrieristen bleibt spannend bis zum ebenso überraschenden wie überzeugenden Schluss. „Eine blassblaue Frauenschrift“ entstand 1940 in Sanary-sur-Mer und Lourdes und wurde 1941 in Argentinien veröffentlicht.
Der österreichische Schriftsteller Franz Werfel wurde 1933 von den Nationalsozialisten aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen. Nach dem „Anschluss“ Österreichs kehrte er von einem Auslandsaufenthalt mit seiner Frau Alma Mahler-Werfel nicht mehr zurück, und ließ sich mit ihr in Sanary-sur-Mer in Südfrankreich nieder, wo auch andere Emigranten lebten. 1940, als die Wehrmacht große Teile Frankreichs besetzte, fand er Zuflucht in Lourdes. Zu Fuß überquerte er mit seiner Frau Alma, Heinrich, Nelly und Golo Mann die Pyrenäen nach Spanien und emigrierte von dort in die USA. 1945 starb er im Alter von 54 Jahren an einem Herzinfarkt. Jutta Leimbert, Buchhandlung Vaternahm
Sein Roman verkaufte sich wenige Monate nach seiner Veröffentlichung bereits mehr als dreißigtausendmal und wurde zwei Jahre nach Erscheinen von den Nazis als sogenannte "entartete Literatur" verbrannt. Erich Kästner war der einzige Autor, der bei der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 anwesend war. 1958 auf der PEN Tagung in Hamburg hält Kästner eine Rede über die Bücherverbrennungen in Deutschland und zeigt die Folgen für die deutsche Gesellschaft und Kultur auf und sagt deutlich am Ende einer Rede, dass die Gesellschaft schon 1928 gegen die drohende Diktatur hätte kämpfen müssen. Der Atrium Verlag hat 4 Texte von ihm mit dem Titel " Über das Verbrennen von Büchern" herausgegeben. Die dort gesammelten Schriften, auch die PEN Rede, sind beeindruckende Zeitzeugnisse und eine genaue Analyse der geschichtlichen Vorgänge und Anklage gegen die Täter. Mit "Fabian" wollte Kästner 1931 vor den Gefahren warnen, die er für Deutschland und Europa sah. Er bedient sich des Protagonisten Jakob Fabian, ein arbeitsloser promovierten Germanist, Journalist und Werbetexter. Es ist die Zeit der "Goldenen Zwanziger" in Berlin. Fabian erkundet die Berliner Nacht und Unterwelt als recht distanzierter Zeitzeuge.
Er streift durch ein aufgeheiztes, turbulentes und modernes Berlin. Fabian ist stets auf der Suche nach Liebe, Arbeit und Sinngehalt. Wirtschaftskrise, Attentate, Verfall, Armut, Genußsucht, Unsicherheit, Hetze und Hass sind die Begleiter dieser Zeit. Als ein scharfer Beobachter des Lebens sieht Fabian viel, fühlt viel und analysiert viel, weiß jedoch nicht, wie er angemessen reagieren soll. Sehr genau erspürt Erich Kästner die "Krankheiten" seiner Zeit, der späten Weimarer Republik. Die Welt der Bordelle, der extravaganten Künstlerateliers und der illegalen Kneipen, in denen man lebt, viel trinkt und irgendwie liebt - ein Leben im Rausch. Wer allzu schwere Kost erwartet wird erfreut sein, dass durch die Lebendigkeit der Sprache, den Witz und die Ironie das Buch sehr gut lesbar ist. "Fabian- Die Geschichte eines Moralisten" ist eine ausgezeichnete Satire auf die deutsche, speziell die Berliner, Gesellschaft während der Zeit der Wirtschaftskrise und zeigt die damalig herschende Doppelmoral. Mit "Fabian" ist Kästner eine hervorragende Mischung aus ernstem Anliegen und humorvoller Umsetzung gelungen. Gerardina Pisani und Andreas Dieterle, Buchecke Schierstein
Erich Kästner, ca. 1930 *1899 in Dresden †1974 in München
Kurt Erich Ohser war eine deutscher Zeichner und Karikaturist. Er war seit seiner Zeit bei der „Neuen Leipziger Zeitung“ eng befreundet mit den Schriftstellern Erich Knauf und Erich Kästner, dessen Gedichtbände er auch illustrierte. Mit seinen Karikaturen von Hitler und vor allem Goebbels zog er den Hass der Nationalsozialisten auf sich und erhielt nach der Machtübernahme der NSDAP Berufsverbot. Um seine Familie trotzdem zu versorgen, schuf er unter dem Pseudonym E.O. Plauen den Comic „Vater und Sohn“, die in der „Berliner Illustrierten“ erschienen. Allerdings musst er er sich verpflichten, sich nicht mehr politisch zu betätigen. Lange konnte er allerdings seine Abneigung gegen Hitlers Regime nicht unterdrücken und wurde 1944 wegen regimekritischer Äußerungen denunziert und zusammen mit Erich Knauf festgenommen. Am 6. Januar nahm der sich das Leben und griff damit dem Urteil vor, das auch Knauf zum Tode verurteilte. Vera Anna, Buch-VorOrt, Bierstadt
Die Woche der Meinungsfreiheit soll darauf hinweisen, dass Meinungs- freiheit ein Menschenrecht und der Eckpfeiler für Demokratie ist. Zum Jahrestag der Bücherverbren- nung und zur Woche der Meinungs- freiheit denke ich an einen Zeichner, der unter anderem die verbrannten Bücher Erich Kästners illustriert hat:

E. O. Plauen.

*1903 in Oelsnitz †1944 in Berlin
Dienst am Volk, 1931
Demokratisches Füllhorn. Karikatur für Das Reich, 1943
Vater und Sohn: Ende gut-alles gut, 1936

Aus der Schatzkiste!

Bücher aus dem Antiquariat von Goetz

Ulrich Walberer ( Hrsg.):

10. Mai 1933.

Bücherverbrennung

in Deutschland

und die Folgen.

Fischer 1983 ; 317 Seiten ;

ISBN 3596242452

Taschenbuch, Seiten leicht

gebräunt, Ecken bestoßen,

5,00€

Klaus Schöffling (Hrsg): Dort wo man Bücher verbrennt.

Stimmen der Betroffenen.

Suhrkamp 1983 ;

483 Seiten ;

ISBN 3518374052

Taschenbuch ;

Seiten leicht gebräunt,

Knickspur am Einband ;

5,00€

Spannende Stimmensammlung betroffener Autoren, Kritiker und Verleger aus ganz verschiedenen Quellen : Ernst Tollers Vorahnungen aus der Weltbühne, Klaus Manns Brief an Gottfried Benn, Erich Weinerts Gedicht Der Brand auf dem Opernplatz unter anderen.
Zum 50. Jahrestag gesammelte Aufsätze und Zeitdokumente. Erhellende Einblicke zu so unterschiedlichen Aspekten wie den Reaktionen der ausländischen Presse bis zur Behandlung im Schulun- terricht 1945-65 ergeben einen eindrücklichen Überblick zu Vorge- schichte und Folgen des 10. Mai 1933. Irene Metzer und René Fickler, Antiquariat von Goetz
Die Briefe aus den Jahren 1933-1940 von Irmgard Keun an ihren Freund Arnold Strauss sind Blitzlichter aus dem Alltag einer in der Nazizeit verfemten Schriftstellerin, deren Romane und Kinderbücher erst Ende der 70er wiederentdeckt wurden. Da ist ihr starkes Streben nach weiblicher Autonomie und schriftstellerischer Existenz, das mit den bürgerlichen Konventionen bricht. Da ist aber auch die Achterbahnfahrt zwischen Hoffnung, Enttäuschung und ständiger Geldnot, als ab 1933 immer weniger Verleger ihre Romane und Erzählungen veröffentlichen wollen. Hinzu kommt im Exil in Oostende die Angst vor Verhaftung und Auslieferung. Wir erleben in diesen Briefen hautnah ihren „wilden Wirbel“ in existentieller Not, aber auch ihren Sprachwitz und viele biografische Bezüge zu ihren Romanen. Frech, ängstlich, berechnend, wütend, verzweifelt diese Briefe sind wie ein flirrendes Kaleidoskop. Sie zeigen ungeschönt das Leben einer als Talent bereits anerkannten, aber in der sich anbahnenden Katastrophe des Nationalsozialismus „umhergewirbelten“ Schriftstellerin. Cornelia Lüderssen, Buchhandlung Angermann.

Irmgard Keun

Ich lebe in einem wilden Wirbel. Briefe an Arnold Strauss 1933-1947

Irmgard Keun wurde durch ihren ersten Roman Gilgi, eine von uns (1931) über Nacht berühmt. Ihr zweiter Roman Das kunstseidene Mädchen (1932) war ein Sensa- tionserfolg. Ein sozialkritisches Buch, das zugleich unterhaltsam ist! Ein Jahr später standen Irmgard Keuns Bücher Gilgi und Das kunstseidene Mädchen als „Asphaltliteratur mit antideutscher Tendenz“ auf der Schwarzen Liste. Die Autorin ging ins Exil, lernt den Schriftsteller Joseph Roth kennen, der ihr Lebensgefährte wird und von dem sie sich wieder trennt.1940 kehrt sie mit falschen Papieren nach Deutschland zurück, wo sie unerkannt lebte. In ihren späteren Werken beschreibt Irmgard Keun den Nationalsozialismus und das Leben im Exil, besonders in dem Roman Nach Mitternacht. Sie zeichnet darin ein pessimistisches Bild von der Vergeblichkeit des Widerstands des Einzelnen.

Das kunstseidene Mädchen

Der Roman handelt von der 18jährigen Doris und ihrer Suche nach Glück und Erfolg. Die Geschichte beginnt am Ende des Sommers 1931 und wird uns in Form eines Tagebuchs erzählt. Doris stammt aus kleinen Verhältnissen, träumt aber von einem Leben als Berühmtheit. Ihre ungeliebte Tätigkeit als Stenotypistin verliert sie aber durch die Vermittlung ihrer Mutter, die am Theater als Garderobiere arbeitet, wird sie Statistin. Sie täuscht vor Schauspielschülerin zu sein, erfindet eine Affäre mit dem Theaterdirektor, stiehlt einen Pelzmantel und flieht schließlich nach Berlin, in die große Welt. Gudrun Olbert, Büchergilde Wiesbaden
Titel, Portrait Irmgard Keun, ca. 1935 *1905 in Berlin †1982 in Köln

Irmgard Keun

Irmgard Keun I Statue am Kölner Rathaus von Marieluise Schmitz-Helbig
Gedenktafel in Berlin- Charlottenburg, Meinekestr. 6
Bildnachweise: Buchtitel mit freundlicher Genehmigung der Verlage I Alle anderen Bilder aus Commons/Wikimedia
Woche der M e i n u n g s f r e i h e i t .
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Hier finden Sie unsere persönlichen Buch-Empfehlungen.

Wir freuen uns, wenn auch Sie uns Ihr Lese-Tipps senden!

Woche der Meinungsfreiheit.
Wir haben diese Tage zum Anlass genommen, Autoren, eine Autorin sowie einen Grafiker in Erinnerung zu bringen, deren Bücher am 10. Mai 1933 verbrannt wurden.

Erich Kästner, E.O. Plauen, Stefan Zweig, Franz Werfel und

Irmgard Keun.

Ihrer aller Leben wurde geprägt durch die Verfolgung der Nazi-Diktatur, sei es durch Emigration, Berufs- verbot oder Freitod. Alle haben sie die Entwicklung Deutschlands unter Hitler hellsichtig voraus-beschrie- ben oder kritisch begleitet. Die Verfolgung von Autoren, Autorinnen, Karikaturisten und Karikaturistinnen ist nach wie vor aktuell!

Woche der Meinungsfreiheit

vom 3.-10.Mai 2021:

Wir waren dabei

Sein Roman verkaufte sich wenige Monate nach seiner Veröffentlichung bereits mehr als dreißigtausendmal und wurde zwei Jahre nach Erscheinen von den Nazis als sogenannte "entartete Literatur" verbrannt. Erich Kästner war der einzige Autor, der bei der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 anwesend war . 1958 auf der PEN Tagung in Hamburg hält Kästner eine Rede über die Bücherverbrennungen in Deutschland und zeigt die Folgen für die deutsche Gesellschaft und Kultur auf und sagt deutlich am Ende einer Rede, dass die Gesellschaft schon 1928 gegen die drohende Diktatur hätte kämpfen müssen. Der Atrium Verlag hat 4 Texte von ihm mit dem Titel " Über das Verbrennen von Büchern" herausgegeben. Die dort gesammelten Schriften, auch die PEN Rede, sind beeindruckende Zeitzeugnisse und eine genaue Analyse der geschichtlichen Vorgänge und Anklage gegen die Täter. Mit "Fabian" wollte Kästner 1931 vor den Gefahren warnen, die er für Deutschland und Europa sah. Er bedient sich des Protagonisten Jakob Fabian, ein arbeitsloser promovierten Germanist, Journalist und Werbetexter. Es ist die Zeit der "Goldenen Zwanziger" in Berlin. Fabian erkundet die Berliner Nacht und Unterwelt als recht distanzierter Zeitzeuge. Er streift durch ein aufgeheiztes, turbulentes und modernes Berlin. Fabian ist stets auf der Suche nach Liebe, Arbeit und Sinngehalt. Wirtschaftskrise, Attentate, Verfall, Armut, Genußsucht, Unsicherheit, Hetze und Hass sind die Begleiter dieser Zeit. Als ein scharfer Beobachter des Lebens sieht Fabian viel, fühlt viel und analysiert viel, weiß jedoch nicht, wie er angemessen reagieren soll. Sehr genau erspürt Erich Kästner die "Krankheiten" seiner Zeit, der späten Weimarer Republik. Die Welt der Bordelle, der extravaganten Künstlerateliers und der illegalen Kneipen, in denen man lebt, viel trinkt und irgendwie liebt - ein Leben im Rausch. Wer allzu schwere Kost erwartet wird erfreut sein, dass durch die Lebendigkeit der Sprache, den Witz und die Ironie das Buch sehr gut lesbar ist. "Fabian- Die Geschichte eines Moralisten" ist eine ausgezeichnete Satire auf die deutsche, speziell die Berliner, Gesellschaft während der Zeit der Wirtschaftskrise und zeigt die damalig herschende Doppelmoral. Mit "Fabian" ist Kästner eine hervorragende Mischung aus ernstem Anliegen und humorvoller Umsetzung gelungen. Gerardina Pisani und Andreas Dieterle, Buchecke Schierstein
Erich Kästner, ca. 1930 *1899 in Dresden †1974 in München

Fabian I Die Geschichte eines Moralisten

Kästners erster Erwachsenenroman,

der dieses Jahr sein 90-jähriges Erscheinen feiert!

Kurt Erich Ohser war eine deutscher Zeichner und Karikaturist. Er war seit seiner Zeit bei der „Neuen Leipziger Zeitung“ eng befreundet mit den Schriftstellern Erich Knauf und Erich Kästner, dessen Gedichtbände er auch illustrierte. Mit seinen Karikaturen von Hitler und vor allem Goebbels zog er den Hass der National- sozialisten auf sich und erhielt nach der Machtübernahme der NSDAP Berufsverbot. Um seine Familie trotzdem zu versorgen, schuf er unter dem Pseudonym E.O. Plauen den Comic „Vater und Sohn“, die in der „Berliner Illustrierten“ erschienen. Allerdings musst er er sich verpflichten, sich nicht mehr politisch zu betätigen. Lange konnte er allerdings seine Abneigung gegen Hitlers Regime nicht unterdrücken und wurde 1944 wegen regimekritischer Äußerungen denunziert und zusammen mit Erich Knauf festgenommen. Am 6. Januar nahm der sich das Leben und griff damit dem Urteil vor, das auch Knauf zum Tode verurteilte. Vera Anna, Buch-VorOrt, Bierstadt
Die Woche der Meinungsfreiheit soll darauf hinweisen, dass Meinungs- freiheit ein Menschenrecht und der Eckpfeiler für Demokratie ist. Zum Jahrestag der Bücherverbren- nung und zur Woche der Meinungs- freiheit denke ich an einen Zeichner, der unter anderem die verbrannten Bücher Erich Kästners illustriert hat:
E. O. Plauen. *1903 in Oelsnitz †1944 in Berlin
Dienst am Volk, 1931
Demokratisches Füllhorn. Karikatur für Das Reich, 1943
Vater und Sohn: Ende gut-alles gut, 1936

Stefan Zweig I Die Welt von Gestern.

Erinnerungen eines Europäers.

Er beschreibt die Jahre, in denen sich der Nationalismus wie ein Gift verbreitete und schließlich in einem über Europa hinaus wütenden - Weltkrieg mündete. Und nicht genug damit, etablierte sich bald darauf (zunächst in Deutschland, dann auch in seiner Heimat Österreich) erneut ein System, welches nicht nur Herkunft, Rasse und Glaubenszugehörigkeit zu den bedeutendsten Prämissen erklärte, sondern zum wichtigsten Bekenntnis machte, ausschließlich dies für richtig zu halten. Persönliche und politische Gesinnung wurden zur Voraussetzung dafür, ob man in seiner Heimat noch bürgerliche Rechte besaß, ob man als Literat weiter veröffentlicht, weiter gelesen werden konnte.
Stefan Zweig, ca. 1912 *1899 in Dresden †1942 in Petrépolis, Brasilien
Stefan Zweig (geb. 1881) erzählt, wie er sich als junger Mann, reisend und damals noch ohne Einschrän- kungen wie spezielle Reisedoku- mente oder Grenzkon-trollen, zum Weltbürger entwickelte. Überall ent- standen Freundschaften und er war bald im Austausch mit Menschen verschiedenster Kulturräume.
Stefan Zweigs Erinnerungen sind nach dem Beginn des 2. Weltkriegs im Exil entstanden und sind eine äußerst erhellende Lektüre, die sich immer wieder neu zu entdecken lohnt Elke Deichmann, Buchhandlung spielen&Lesen, Dotzheim.

Franz Werfel

Eine blaßblaue Frauenschrift

Leonidas, aus einfachen Verhält- nissen stammend, hat sein Glück gemacht: Mit seinem einnehm- enden Wesen, seinem Tanztalent und dem ererbten Frack eines jüdischen Freundes, der sich das Leben nahm, eroberte er das Herz von Amelie, der reichsten Erbin von Wien.
Die Novelle “Eine blassblaue Frauenschrift” von Franz Werfel ist eine hellsichtige, beklemmende Studie eines opportunistischen Spießers und spielt an einem einzigen Tag im Oktober 1936 in Wien. Unterschwelliger Antisemitismus war auch vor dem Anschluss an das Deutsche Reich schon allgegenwärtig.
Jetzt ist er Sektionschef im Ministerium für Unterricht und Kultur und in der oberen Wiener Gesellschaft angekommen. Am Morgen seines 50. Geburtstages findet er mit der anderen Post einen Brief mit einer auffallenden “blassblauen Frauenschrift” vor. Er weiß sofort, dass dieser Brief von seiner früheren Geliebten ist, der in Deutschland lebenden Jüdin Vera. Er versteckt ihn vor seiner Frau; 15 Jahren zuvor hat er schon einmal einen Brief von Vera bekommen, ihn aus Furcht vor der Eifersucht seiner Frau aber ungelesen zerrissen. In Heidelberg hatte er die Schwester eines früheren Schülers von ihm wiedergetroffen. Waren seine früheren unbeholfenen Annäherungsversuche noch unbeachtet geblieben, so gab die inzwischen 22jährige Studentin nun seinem Drängen nach. Nach einer kurzen, heftigen Affäre ließ Leonidas die junge Frau sitzen und hatte seither keinen Kontakt mehr zu ihr. Alleine im Park liest er den Brief seiner ehemaligen Geliebten und ist zunächst erleichtert, denn er enthält eine förmliche Bitte um seine Hilfe für einen begabten, 17jährigen Schüler, der „aus bekannten Gründen“ in Deutschland das Gymnasium nicht fortsetzen und es in Wien beenden möchte. Dann aber ahnt er, dass der junge Mann sein Sohn sein könnte. Verzweifelt entwickelt und verwirft er zugleich Erklärungsversuche für seine Frau. Vera will er in ihrem Hotel treffen. Kann er über seinen Schatten springen, womöglich seine Karriere gefährden? Mehr sei nicht verraten. Die Charakterstudie Werfels über das brüchige Lebensgefüge eines in den Konventionen gefangenen, selbstsüchtigen Karrier- isten bleibt spannend bis zum ebenso über- raschenden wie überzeugenden Schluss. „Eine blassblaue Frauenschrift“ entstand 1940 in Sanary-sur-Mer und Lourdes und wurde 1941 in Argentinien veröffentlicht.
Der österreichische Schriftsteller Franz Werfel wurde 1933 von den Nationalsozialisten aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen. Nach dem „Anschluss“ Österreichs kehrte er von einem Auslandsaufenthalt mit seiner Frau Alma Mahler-Werfel nicht mehr zurück, und ließ sich mit ihr in Sanary-sur-Mer in Südfrankreich nieder, wo auch andere Emigranten lebten.
Franz Werfel, ca. 1940 *1890 in Prag †1945 in Beverly Hills, USA
1940, als die Wehrmacht große Teile Frankreichs besetzte, fand er Zuflucht in Lourdes. Zu Fuß über- querte er mit seiner Frau Alma, Heinrich, Nelly und Golo Mann die Pyrenäen nach Spanien und emig- rierte von dort in die USA. 1945 starb er im Alter von 54 Jahren an einem Herz- infarkt.
Jutta Leimbert, Buchhandlung Vaternahm

Aus der Schatzkiste!

Bücher aus dem Antiquariat von Goetz

Klaus Schöffling (Hrsg): Dort wo man Bücher verbrennt.

Stimmen der Betroffenen.

Suhrkamp 1983 ; 483 Seiten ;

ISBN 3518374052

Taschenbuch ; Seiten leicht

gebräunt, Knickspur am Einband ;

5,00€

Spannende Stimmensammlung betroffener Autoren, Kritiker und Verleger aus ganz verschiedenen Quellen: Ernst Tollers Vorahnungen aus der Welt- bühne, Klaus Manns Brief an Gottfried Benn, Erich Weinerts Gedicht Der Brand auf dem Opernplatz unter anderen.

Ulrich Walberer ( Hrsg.):

10. Mai 1933.

Bücherverbrennung in

Deutschland und die Folgen.

Fischer 1983 ; 317 Seiten ; ISBN

3596242452 Taschenbuch, Seiten

leicht gebräunt, Ecken bestoßen,

5,00€

Zum 50. Jahrestag gesammelte Aufsätze und Zeit- dokumente . Erhellende Einblicke zu so unterschied- lichen Aspekten wie den Reaktionen der ausländ- ischen Presse bis zur Behandlung im Schulunterricht 1945-65 ergeben einen eindrücklichen Überblick zu Vorgeschichte und Folgen des 10. Mai 1933. Irene Metzer und René Fickler, Antiquariat von Goetz
Die Briefe aus den Jahren 1933-1940 von Irmgard Keun an ihren Freund Arnold Strauss sind Blitzlichter aus dem Alltag einer in der Nazizeit verfemten Schrift-stellerin, deren Romane und Kinderbücher erst Ende der 70er wiederentdeckt wurden. Da ist ihr starkes Streben nach weiblicher Autonomie und schriftstellerischer Existenz, das mit den bürger- lichen Konventionen bricht. Da ist aber auch die Achterbahnfahrt zwischen Hoffnung, Enttäuschung und ständiger Geldnot, als ab 1933 immer weniger Verleger ihre Romane und Erzählungen veröffentlichen wollen. Hinzu kommt im Exil in Oostende die Angst vor Verhaftung und Auslieferung. Wir erleben in diesen Briefen hautnah ihren „wilden Wirbel“ in existentieller Not, aber auch ihren Sprachwitz und viele biografische Bezüge zu ihren Romanen. Frech, ängstlich, berechnend, wütend, verzweifelt diese Briefe sind wie ein flirrendes Kaleidoskop. Sie zeigen ungeschönt das Leben einer als Talent bereits anerkannten, aber in der sich anbahnenden Katastrophe des Nationalsozialismus „umhergewir- belten“ Schriftstellerin. Cornelia Lüderssen, Buchhandlung Angermann.

Irmgard Keun I Ich lebe in einem wilden Wirbel.

Briefe an Arnold Strauss 1933-1947

Irmgard Keun wurde durch ihren ersten Roman Gilgi, eine von uns (1931) über Nacht berühmt. Ihr zweiter Roman Das kunstseidene Mädchen (1932) war ein Sensa- tionserfolg. Ein sozialkritisches Buch, das zugleich unterhaltsam ist!

Irmgard Keun

Ein Jahr später standen Irmgard Keuns Bücher Gilgi und Das kunstseidene Mädchen als „Asphaltliteratur mit antideutscher Tendenz“ auf der Schwarzen Liste. Die Autorin ging ins Exil, lernt den Schriftsteller Joseph Roth kennen, der ihr Lebensgefährte wird und von dem sie sich wieder trennt.1940 kehrt sie mit falschen Papieren nach Deutschland zurück, wo sie unerkannt lebte. In ihren späteren Werken beschreibt Irmgard Keun den Nationalsozialismus und das Leben im Exil, besonders in dem Roman Nach Mitternacht. Sie zeichnet darin ein pessimistisches Bild von der Vergeblichkeit des Widerstands des Einzelnen.

Das kunstseidene Mädchen

Der Roman handelt von der 18jährigen Doris und ihrer Suche nach Glück und Erfolg. Die Geschichte beginnt am Ende des Sommers 1931 und wird uns in Form eines Tagebuchs erzählt.
Doris stammt aus kleinen Verhältnissen, träumt aber von einem Leben als Berühmtheit. Ihre ungeliebte Tätigkeit als Stenotypistin verliert sie aber durch die Vermittlung ihrer Mutter, die am Theater als Garderobiere arbeitet, wird sie Statistin. Sie täuscht vor Schauspielschülerin zu sein, erfindet eine Affäre mit dem Theaterdirektor, stiehlt einen Pelzmantel und flieht schließlich nach Berlin, in die große Welt. Gudrun Olbert, Büchergilde Wiesbaden
Titel, Portrait Irmgard Keun, ca. 1935 *1905 in Berlin †1982 in Köln
Irmgard Keun I Statue am Kölner Rathaus von Marieluise Schmitz-Helbig
Gedenktafel in Berlin-Charlottenburg, Meinekestr. 6
Bildnachweise: Buchtitel mit freundlicher Genehmigung der Verlage Alle anderen Bilder aus Commons/Wikimedia